Samstag, 8. Dezember 2018

Von der Kraft eigener innerer Bilder, von reisenden Zwei- und Vierbeinern und der Freundschaft, die Einsamkeit überwindet...

"Lass dich nicht unterkriegen;
sei frech und wild und wunderbar."

Astrid Lindgren

(Aus: Pippi Langstrumpf)








Ursprünglich wollte ich hier vor zwei Wochen etwas zum Bundesweiten Vorlesetag schreiben. Aber wie immer, wenn ich mich nach einem bestimmten Tag im Kalender ausrichten will, geht es schief. Vielmehr fällt mir selten etwas Gescheites dazu ein. Versteht mich richtig: Es ist gut, dass es diesen Tag gibt, der uns daran erinnert, wie wichtig es ist, dass die Kleinen von den Großen vorgelesen bekommen. Aber bei diesem Tag darf es nicht bleiben. Kinder sollten jeden Tag vorgelesen bekommen! So wie Menschen das ganze Jahr über versuchen sollten, sich gegenseitig eine Freude zu machen, nicht nur an Weihnachten. Denn auch dieses Fest steht wieder vor der Tür. Natürlich sind die dunklen Abende im Herbst und Winter - und gerade jetzt in der Adventszeit auch zum Vorlesen wie geschaffen.




Vorgelesen habe ich dann in der Tat. Nicht am Vorlesetag, da habe ich nur zugehört. Aber kurz darauf hatten wir einen Kinder-Flohmarkt, dort haben wir uns einen Nachmittag lang herrlich mit schaurigen und witzigen Gespenstergeschichten gegruselt und viel gelacht. Eine davon, die von Rupp Rüpel, dem grausigsten Gespenst von ganz Småland, findet ihr in den Märchen von Astrid Lindgren, die vielleicht nicht ganz so bekannt sind wie Pippi, Michel, Ronja oder Karlsson vom Dach, aber sich gerade deshalb lohnen, wiederentdeckt zu werden.

Astrid Lindgren:

Märchen

Mit teilweise farbigen Illustrationen von Ilon Wikland
Aus dem Schwedischen von Senta Kapoun & Hedwig Kronnerwetter / Anna-Liese Kornitzky / Karl Kurt Peters
Hamburg 1989 (Oetinger)
17,00 €
ISBN-13: 978-3-7891-2947-6

Überall im Buchhandel





Astrid Lindgren wird für mich immer die wichtigste Autorin bleiben, nicht nur weil ich ihre Bücher sehr liebe und immer wieder gern lese. Nein, auch weil sie diejenige ist, die sich stets dafür stark gemacht hat, dass Kinder Kinder sein dürfen. Dass sie ein Recht darauf haben, ungestört zu spielen und sich in der freien Natur zu bewegen. Dass sie ein liebevolles Zuhause brauchen und vor Gewalt geschützt werden müssen. Und dass Kinder Bücher brauchen! Sie hat einmal gesagt - vor 40 Jahren, als sie in Frankfurt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels bekam:

"Alles, was an Großem in der Welt geschah, vollzog sich zuerst in der Phantasie eines Menschen, und wie die Welt von Morgen aussieht, hängt in großem Maß von der Einbildungskraft jener ab, die gerade jetzt lesen lernen." 

Damit meinte sie, dass wir beim Lesen lernen, uns unsere eigenen Bilder zu schaffen, uns etwas vorzustellen. Menschen, die das schon als Kinder lernen, können auch eine Vorstellung davon entwickeln, wie eine bessere Welt aussehen könnte und was dafür verändert werden muss.

Fernsehen und elektronische Spiele können natürlich auch Spaß machen, aber sie lassen im Kopf und im Herzen kaum mehr Platz für eigene Gedanken. Wer seine Zeit nur vor Apparaten verbringt, hat am Ende des Tages den Kopf voller fertiger Bilder, die andere Menschen sich ausgedacht haben und schafft es nur noch schwer, sich selbst etwas auszudenken. Aber ihr wollt ja die Welt mitgestalten und nicht nur tun, was euch irgendjemand sagt! Denn Mitgestalten bedeutet Freiheit! Und deshalb ist es wichtig, viel zu lesen und selbst nachzudenken. Und das Gedachte zum Ausdruck bringen. Selbst etwas erzählen. Oder schreiben. Oder eigene Bilder malen, etwas Eigenes erfinden, basteln oder bauen. Oder Musik machen, seine Gedanken und Gefühle in Klänge verwandeln. Allein für sich und gemeinsam mit anderen. Beides ist wichtig!





Hansestadt Lübeck - An der Untertrave
Dieser Herbst war für mich wieder einmal ein Reiseherbst. Meine Fahrt hatte - wie so oft - meine geliebte Ostsee zum Ziel, aber zuvor machte ich Halt in der Lüneburger Heide und in Lübeck, der Stadt der vielen Türme und des Marzipans. Die Stadt liegt ganz von Wasser umgeben und im Hansahafen an der Untertrave könnt ihr alte - oder wie man sagt: historische - Segelschiffe bewundern, wie hier die "Lisa von Lübeck".






Lisa von Lübeck

Lübeck - Holstentor
Das Lübecker Holstentor ist das berühmteste Stadttor Deutschlands und war früher auf der Rückseite von 50-Mark-Geldscheinen zu bewundern. Die Türme links gehören zur Marienkirche, der Turm auf der rechten Seite ist der von St. Petri. Von dessen Plattform hat man einen tollen Rundblick über die ganze Stadt und muss dazu nicht einmal Treppen steigen. Ein Aufzug führt hinauf. Obwohl ich selbst es sehr spannend finde, über Treppen auf Kirchtürme zu steigen. Aber es ist natürlich toll, wenn es einen Aufzug gibt! So können auch Menschen, die durch eine Verletzung oder Behinderung nicht ganz so beweglich sind, die schöne Aussicht genießen, selbst im Rolli.

Lübeck - Holstentor von der Stadtseite


Lübeck - Theaterfigurenmuseum im Kolk
In einer engen Gasse in der Nähe der Petrikirche gibt es ein Figurentheater und auch ein Theaterfigurenmuseum.

Ich wäre sehr gern hineingegangen, aber es hat leider für längere Zeit wegen Umbaus geschlossen. Allerdings entsteht dort wohl etwas wirklich Tolles und wir dürfen auf die Zeit gespannt sein, wenn einmal alles fertig ist!












Fenster zum Lübecker Figurentheater


Das Lübecker Figurentheater im Kolk
Der Spielplan des Figurentheaters selbst jedoch läuft zunächst noch weiter und bietet am Wochenende Aufführungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.

Mehr dazu findet ihr unter:

https://www.figurentheater-luebeck.de/.

Vielleicht findet ihr ja Zeit für einen Besuch, wenn ihr irgendwann mal nach Lübeck kommt.

Meine eigene Zeit war leider zu kurz, denn ich wollte ja weiter auf die Insel Rügen und nach Kranichen, die dort gern auf ihrem Flug in den Süden rasten, Ausschau halten. Und - siehe da!








Allabendlich bot sich ein großartiges Schauspiel, wenn sich die "Vögel des Glücks" von den Feldern, auf denen sie den ganzen Tag nach Nahrung gesucht hatten, in die Lüfte erhoben und sich auf den Weg machten zu ihren Schlafplätzen im flachen Boddengewässer zwischen den Halbinseln.

Mit nassen Füßen zu schlafen, macht einem Kranich nichts aus. Der Wasser-Schlafplatz im Schilf schützt ihn vor Fressfeinden wie zum Beispiel dem Fuchs, der sich nicht so gerne nasse Pfoten holt und dann doch lieber verzichtet und nach Mäusen Ausschau hält.


Und so erlebte ich dort den schönsten Sonnenuntergang - mit Kranichen und Schwänen!














Tiere unterwegs auf Reisen sind gar keine Seltenheit und der Vogelzug im Frühling und Herbst ist nur ein Beispiel. Zu Land, zu Wasser und in der Luft sind Tiere aus vielerlei Gründen unterwegs. Wer mehr darüber erfahren möchte, wird an diesem Bilderbuch Freude haben:

Laura Knowles, Chris Madden

Unser Weg so weit

Kleine Geschichten von großen Tierreisen

München 2018 (arsEdition)
ISBN: 978-3-8458-2886-2
16,00 €

Überall im Buchhandel


 


Aussicht vom Königsstuhl auf Jasmund / Insel Rügen
Und auch wir Menschen reisen. Manche von uns, weil sie es müssen, weil sie auf der Suche nach Schutz und Sicherheit sind. Andere reisen, weil sie es wollen. Dass es ein Glück ist und kein Verdienst, reisen zu dürfen und nicht zu müssen, ist mir bewusst. Ich bin dankbar dafür und weiß, dass es nicht selbstverständlich ist.

An den Kreidefelsen von Rügens Nord- und Ostküste hatte inzwischen Maler Herbst den Pinsel geschwungen und geradezu unwirkliche Bilder gezaubert.



Kreidefelsen an der Viktoria-Sicht auf Jasmund / Insel Rügen


Der Königsstuhl auf Jasmund / Insel Rügen
Bunte Wälder, weiße Klippen, blaues Meer... - fehlt noch etwas?

Ach ja! Leuchttürme!










Die Leuchttürme von Kap Arkona

Das Kap Arkona mit seinen zwei Leuchttürmen am nördlichsten Punkt der Insel Rügen ist ein ganz besonderer Ort. Der kleine Turm ist der ältere von beiden und wurde vor fast 200 Jahren erbaut. Im Jahr 1901 wurde dann der große Turm neben den kleinen gesetzt, sein Licht sollte mehr Reichweite bekommen. Er ging 1905 in Betrieb und gibt bis heute Schiffen draußen auf dem Meer Orientierung.

Im kleinen Turm gibt es heute interessante Ausstellungen und ein Trauzimmer, in dem geheiratet werden kann. Ein Stück entfernt steht noch ein etwa hundert Jahre alter Marinepeilturm. Das Besteigen der Türme lohnt immer, sie alle bieten einen herrlichen Ausblick über Land und Meer und obwohl sie nah beieinander stehen, ist jede Aussicht immer wieder ein bisschen anders.





Der Marinepeilturm von Arkona
Aber schließlich wurde es auch für mich Zeit, wieder gen Süden aufzubrechen.

Der Heimweg führte mich über Jena, wo ich mir unbedingt noch Schillers Gartenhaus anschauen wollte. Da dieses damals nicht gut zu heizen war, wurde es nur als  Sommerhaus genutzt, in das die Familie des Dichters jeden Frühling aus ihrer Stadtwohnung umsiedelte. Die Schillers waren nicht reich und konnte es sich nicht leisten, zwei Häuser mit Möbeln auszustatten. Deshalb wurden die Möbel stets mitgenommen. Ein Riesenumzug also, zweimal im Jahr! Das stelle ich mir ganz schön anstrengend vor!








Schillers Gartenhaus in Jena

Der Garten ist wunderschön angelegt und offen für alle. An seinem anderen Ende befindet sich ein runder, steinerner Tisch, an dem Schiller oft mit seinem Dichterfreund Goethe gesessen und Gespräche geführt hat. Es fühlt sich schon ganz besonders an, dort zu sitzen!

Besonders fasziniert hat mich der große Feldahornbaum, der an diesem Tag in der herbstlichen Mittagssonne den Garten in herrliche Goldtöne tauchte.











Doch irgendwann geht auch der schönste Reise-Herbst einmal zu Ende und wir müssen uns für den Winter einrichten. Dazu brauchen wir Bücher, das ist ja klar!

Ein großes Vorlesebuch erschien pünktlich zum Vorlesetag und bietet eine bunte Sammlung an Geschichten von verschiedenen Autorinnen und Autoren. Hier dürfte jede und jeder fündig werden!

Paul Maar / Kirsten Boie / Elisabeth Zöller u.a.:

Komm mit ins Land der Fantasie

Das große Vorlesebuch

Hamburg 2018 (Ellermann)
EUR 30,00
ISBN-13: 978-3-7707-0097-4

Überall im Buchhandel


Ein zauberhaftes Bilderbuch mit einer sehr berührenden Geschichte, die - obwohl keine Weihnachtsgeschichte im eigentlichen Sinn - gut in die Weihnachtszeit passt, ist von

Martin Widmark, Emilia Dziubak:

Als Larson das Glück wiederfand

Aus dem Schwedischen übersetzt von Ole Könnecke

München 2018 (arsEdition)
ISBN: 978-3-8458-2599-1
15,00 €

Überall im Buchhandel

Sie handelt von Einsamkeit und von Freundschaft, die solche überwinden helfen kann.

Dass niemand von euch in diesen Tagen einsam sein muss und jede und jeder von euch einen Ort der Zuflucht und des Friedens findet, das wünscht euch von Herzen - mit allen guten Wünschen für Weihnachten und für das Neue Jahr

Eure Betty